Auch wenn die Ursachen von Akne recht bekannt sind und manche Dinge das Hautbild häufiger (negativ) beeinflussen als andere, gibt es dennoch jede Menge offene Fragen. Eine solche ist die nach dem Zusammenhang zwischen Histamin und Akne.
Histamin wird häufig mit anderen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht, vor allem im Zusammenhang mit Allergien. Auch gibt es durchaus Hinweise darauf, dass andere Hauterkrankungen wie zum Beispiel Schuppenflechte mit histaminreichen Lebensmitteln zusammenhängen können.
Aber wie sieht es mit Histamin und Akne aus? Kann Histamin Akne unter Umständen sogar verursachen? Diesen Fragen gehen wir in diesem Artikel nach. Eine genaue Antwort gibt es leider (noch) nicht. Allerdings gibt es erste Hinweise darauf, dass bei manchen Menschen ein Zusammenhang bestehen könnte. Diese sind interessant genug, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Was ist Histamin und welche Rolle spielt es?
Histamin ist ein Neurotransmitter, der eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen spielt. Es wird im Körper unter anderem in sogenannten Mastzellen gespeichert und bei einer allergischen Reaktion freigesetzt. Manche Menschen leiden an einer Histaminintoleranz. In diesem Fall ist auch der Verzehr histaminreicher Lebensmittel problematisch. Mehr dazu weiter unten im Text.
Wenn ein Allergiker „Allergietabletten“ nimmt, sind damit in aller Regel Antihistaminika gemeint. Antihistaminika wirken, indem sie Histamin-Rezeptoren blockieren. Wir unterscheiden zwischen vier Typen von Histamin-Rezeptoren, die einfach durchnummeriert und H1, H2, H3 und H4 genannt werden. Histamin entfaltet seine Wirkung dadurch, dass es an diese Rezeptoren andockt. Nimmt eine Person jedoch Antihistaminika ein, wird die Wirkung abgeschwächt oder sogar ganz beseitigt.
Aber was hat das jetzt mit Akne zu tun? Gibt es etwa einen Zusammenhang zwischen Histamin und Akne? Mit dieser Frage wollen wir uns im nächsten Absatz beschäftigen.
Woher kommt die Annahme, dass Histamin und Akne zusammenhängen könnten?
Die Frage in dieser Zwischenüberschrift ist bewusst etwas vorsichtig und als Frage formuliert. Der Grund dafür ist, dass die Forschung zur möglichen Wirkung von Histamin bei Akne noch in den Kindesbeinen steckt und wir noch recht weit davon entfernt sind, eine wirkliche Antwort auf die Frage nach dem Zusammenhang zu finden. Trotzdem gibt es erste Hinweise darauf, dass Histamin Akne beeinflussen kann.
Histamin-Rezeptoren in Talgdrüsen
Der erste kleine Durchbruch zu diesem Thema war, dass Histamin-Rezeptoren in Talgdrüsen identifiziert wurden [1]. Wir wissen, dass Talgdrüsen eine Rolle bei den Ursachen von Akne spielen. Eine starke bzw. übermäßige Talgproduktion für sich alleine genommen reicht zwar noch nicht aus, um Akne zu erzeugen, sie ist aber ein wichtiger Punkt beim Prozess der Entstehung von Akne.
Dass Histamin-Rezeptoren in Talgdrüsen gefunden wurden, ist für sich noch kein Beweis für irgendetwas. Es deutet aber darauf hin, dass Histamin die Funktion der Talgdrüsen beeinflusst. Die Untersuchung, in der diese Rezeptoren identifiziert wurden, war an dieser Stelle aber noch nicht beendet.
Zudem wurde getestet, ob die Behandlung mit dem Antihistaminikum Diphenhydramin (kurz: DPH) die Funktion der Talgdrüsen beeinflusst. Diphenhydramin ist ein H1-Antihistaminikum, das heißt es hat eine Wirkung auf die H1-Rezeptoren. Heute wird es vor allem bei Schlaflosigkeit eingesetzt. Die erste Generation der Antihistaminika hatte (und hat bis heute) die Nebenwirkung, dass die Produkte schläfrig machen.
In der Studie wurde in der Tat ein Einfluss von DPH auf die Talgdrüsen festgestellt. Ein Effekt, der zur Frage nach dem Zusammenhang zwischen Histamin und Akne aufhorchen lässt. DPH sorgte dafür, dass die Talgdrüsen weniger Talg produzierten. Wenn Antihistaminika also tatsächlich die Talgproduktion verringern können, ist es möglich, dass sie auch bei Pickeln und Akne wirksam sein könnten.
Beeinflusst Histamin Akne?
Die große Frage ist nun also, ob Antihistaminika einen positiven Einfluss auf Akne haben und das Hautbild verbessern können. Soweit mir bekannt ist, wurde das aber noch nie an Menschen direkt untersucht. Mit direkt meine ich, dass die Wirkung von Antihistaminika – und zwar nur diesen Mitteln – bei Akne noch nicht untersucht wurden. Es gibt aber Studien, die eine Kombination aus Isotretinoin und Antihistaminika bei Akne untersuchten.
Isotretinoin gilt als das stärkste Akne-Mittel überhaupt. Es wird in der Regel nur bei schweren Akne-Verläufen verschrieben. Wenn Istotretinoin in Kombination mit einem anderen Produkt erfolgreich bei Akne eingesetzt wird, wäre es natürlich vermessen, den Erfolg dem zweiten Produkt zuzuschreiben. Schlussfolgerungen können wir aber trotzdem daraus ziehen.
In einer Studie [2] bekam die Versuchsgruppe Isotretinoin und ein Antihistaminika, während die Kontrollgruppe nur Isotretinoin verwendete. Nach zwölf Wochen hatte sich die Akne in der ersten Gruppe stärker verbessert als in der zweiten. Als Bonus kam hinzu, dass die Gruppe mit dem zusätzlichen Antihistaminikum weniger Nebenwirkungen durch das Isotretinoin hatte.
In einer zweiten Studie [3] wurde praktisch dasselbe geprüft, das heißt die Aufteilung der Gruppen war identisch: Isotretinoin plus Antihistaminikum vs. Isotretinoin alleine. Während man aus der Zusammenfassung der ersten Studie nicht herauslesen konnte, welcher Wirkstoff genau verwendet wurde, war es bei dieser Studie hier der Wirkstoff Desloratadin. Dieser befindet sich beispielsweise in den recht bekannten Allergietabletten Lorano Pro, die in Apotheken erhältlich sind. Das Ergebnis der Studie war ebenfalls dasselbe. Die Gruppe mit der Kombination hatte eine stärkere Verbesserung der Akne als die Gruppe mit dem Akne-Mittel alleine. Das deutet darauf hin, dass Antihistaminika an sich eine positive Wirkung bei Akne haben.
(Weitere) Studien zu Antihistaminika und Akne wären wünschenswert
Um den Zusammenhang zwischen Histamin und Akne zu erhärten, wäre es nun wünschenswert, wenn die Wirkung von Antihistaminika auf Akne direkt getestet würde. Hierzu könnte man zwei Gruppen bilden. Die erste Gruppe bekommt nur ein Antihistaminika, die Kontrollgruppe bekommt ein Placebo. Ansonsten gibt es keine weiteren Medikamente, die bei Akne wirken.
Wenn eine solche Studie ebenfalls positiv ausfallen würde, wäre das ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass Antihistaminika bei Akne helfen können. Das wäre wiederum ein Hinweis, dass Histamin Akne (negativ) beeinflussen kann.
Auch wenn es aufgrund fehlender Erfahrungsberichte und Studien noch nicht klar ist, ob histaminreiche Lebensmittel bei Akne eine Rolle spielen können, werden solche Lebensmittel mit anderen Hauterkrankungen wie Schuppenflechte oder Rosacea in Verbindung gebracht.
Welche Lebensmittel enthalten viel Histamin?
Im Artikel Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne? bin ich bereits darauf eingegangen, dass manche Lebensmittel unter Umständen die Akne verschlimmern können. Wenn Sie negativ auf histaminreiche Lebensmittel reagieren, könnte es sein, dass diese Lebensmittel auch einen negativen Einfluss auf Ihr Hautbild haben.

Bestimmte Lebensmittel enthalten viel Histamin und könnten Akne verschlimmern | @Freepik
Wir können hier grob gesagt zwischen zwei verschiedenen Problemen unterscheiden:
- Lebensmittel, die selbst viel Histamin enthalten
- Lebensmittel, die Histamin aus den Zellen freisetzen (Histaminliberatoren)
Die folgenden Gruppen von Lebensmitteln können bei Menschen mit Histaminintoleranz problematisch sein:
- Fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut oder lange gereifter Joghurt
- Lange gereifter („alter“) Käse. Kurz gereifte Sorten wie junger Gouda oder Butterkäse sind in der Regel unproblematisch.
- Verarbeitete Wurst- und Fleischwaren, vor allem geräuchert (Schinken, Salami etc). Schweinefleisch ist anfälliger als andere Fleischsorten. Auch Innereien sind besonders anfällig.
- Fisch je nach Lagerung. Frischer Fisch oder Tiefkühlfisch, der recht zeitnah nach dem Fangen eingefroren wurde, sind in der Regel wenig problematisch. Konserven wie Thunfisch oder Sardinen enthalten viel Histamin.
- Rotwein, vor allem lange gelagert. Weißwein enthält deutlich weniger bis kein Histamin. Außerdem kann Bier problematisch sein. Zu Alkohol allgemein, siehe Kann Alkohol Akne und Pickel verschlimmern?
- Kakao bzw. dunkle Schokolade
- Manche Früchte wie Erdbeeren oder Ananas
Muss ich jetzt auf all die obigen Lebensmittel verzichten?
Nein, der Großteil aller Menschen kann die oben aufgeführten Lebensmittel problemlos essen und hat keine Probleme damit. Wer allerdings an Histaminintoleranz leidet, muss vorsichtig sein. In diesem Fall kann es ratsam sein, auf solche Lebensmittel teilweise oder gänzlich zu verzichten.
Es könnte aber sein, dass Sie bereits festgestellt haben, dass sich Ihr Hautbild beim Konsum eines oder mehrerer dieser Lebensmittel verschlechtert. Falls das so ist, könnte es am Histamin und einer negativen Wirkung von Histamin auf Akne liegen. Um das zu testen, können Sie das Lebensmittel für ein paar Wochen weglassen und beobachten, ob sich das Hautbild verbessert.
Fazit zu Histamin und Akne
Ob ein deutlicher Zusammenhang zwischen Histamin und Akne besteht, können wir noch nicht genau sagen. Dazu ist noch mehr Forschung nötig und auch Erfahrungsberichte von Betroffenen wären hilfreich. Es scheint aber so zu sein, dass Histamin die Funktion der Talgdrüsen beeinflusst und Antihistaminika die Talgproduktion reduzieren können.
Es ist daher denkbar, dass für Menschen, die sensitiv auf histaminreiche Nahrungsmittel reagieren, auch eine Verschlechterung der Akne zu den Symptomen gehört. Histaminintoleranz ist zwar vergleichsweise selten, aber auch nicht extrem selten.
Quellen:
[1] Pelle E. et al – Identification of Histamine Receptors andReduction of Squalene Levels by anAntihistamine in Sebocytes
[2] Lee HE et al – Effect of antihistamine as an adjuvant treatment ofisotretinoin in acne: a randomized, controlledcomparative study
[3] Hazarika N. et al – Oral isotretinoin with desloratadine compared withoral isotretinoin alone in the treatment of moderateto severe acne: a randomized, assessor-blinded study